Nicht nur der TC Blau-Weiss bekommt einen neuen Kunstrasen, nein, auch das Hockey Village Garh Himmat Singh in Indien wird hoffentlich bald auf dem künstlichen Grün spielen können.
Der Bremer HC hat im Frühjahr seinen alten mit Sand verfüllten Kunstrasen gespendet und wir haben mit viel Aufwand die 55 Rollen in einen Container verladen und nach Indien geschifft. Dort war der Zoll natürlich etwas überfordert, war es denn das erste Mal, dass so etwas Merkwürdiges ankam. Nachdem ich dem Zollbeamten die Wichtigkeit des Kunststoffes für die Zukunft unserer Kinder erklärt hatte, fand er die Idee richtig gut und kam uns mit den Einfuhrgebühren etwas entgegen. Im Hockeydorf warteten die Kinder schon gespannt auf die voluminöse Lieferung und einige unserer Hockey Cracks hatten schon schlaflose Nächte. In unserem Nachbarstädtchen Mandawar, das nur 2 km von uns entfernt ist, wurden bereist die Arbeiten am Fundament gestartet und es fuhren täglich mehrere Dutzend Traktorladungen Sand auf den Platz. Das indische Sportministerium hatte Gelder frei gegeben und die staatliche Mädchenschule hatte ihren nicht genutzten Sportplatz zur Verfügung gestellt.
Der Kunstrasen wurde 1500 km in zwei offenen LKWs vom Hafen in Mundra bis zu uns transportiert. Von unserem Dorf aus starteten wir nachmittags mit unseren Hockeykindern einen großen Umzug mit Musik, um die LKWs in Mandawar zu empfangen. Ein riesiger alter Kran lud sieben Stunden lang die riesigen und vor allem schweren Rollen ab. Wir konnten unser Glück kaum fassen, denn wir waren nun stolzer Besitzer des dritten Kunstrasens im Bundesstaat Rajasthan. Es kam allerdings ganz anders. Am nächsten Morgen bekam ich einen Anruf von unseren Hockeymädels in Mandawar, die mir erzählten, dass die Polizei, der Bürgermeister und ganz viele Leute da seien und ich sofort kommen muss. Ich bin also mit meinem indischen Bruder Chandu und meinem Freund Bharat, der mich gerade besuchte, nach Mandawar gefahren und was wir dort vorfanden war alles andere als lustig. 200-300 Schaulustige hatten sich um den Plastikstuhl des Sarpanch (Bürgermeister) geschart und fingen an, Freiheitskämpferparolen zu singen, als wir aus unserem Auto ausstiegen.
Der Platz war mit riesigen Steinen versperrt und die Arbeit ruhte. Unter wildem Geschrei, was ich natürlich nicht verstand, wurde uns klar gemacht, dass Mandawar keinen Hockeyplatz wolle. Warum, konnte uns auch keiner so genau sagen, aber es war ziemlich schnell klar, dass wir hier nichts mehr zu melden hatten. Wir sind also wieder nach Hause gefahren und haben in der nächsten Nacht den Kunstrasen zu uns ins Dorf gebracht. Nun suchen wir nach einem privaten Stück Land, das wir kaufen können und endlich unseren Kunstrasentraum Wirklichkeit werden lassen.
Ein weiteres Highlight im Hockeydorf ist die Eröffnung unserer eigenen Schule. Wir sind der Meinung, dass Sport und Bildung unbedingt für eine gut Zukunft zusammen gehören. In Indien gibt es meist nur eins von beiden. In einem umgebauten Tempel werden seit Juli 130 Kinder im Alter von 3-16 Jahren unterrichtet. Das heißt, zwei Klassen Vorschule und Klasse 1-5 unterrichten wir auf English (das ist deswegen unser English Medium Zweig) und Klasse 6-8 unterrichten wir auf Hindi (deswegen Hindi Medium). 90% unserer Hockeykinder sind in unserer Schule, so dass wir endlich an Schulturnieren teil nehmen können. Wir erheben zwar nur geringe Schulgebühren, um unsere Kosten zu decken, trotzdem gibt es viele Familien, die sich unsere Schule nicht leisten können.
Für diese Kinder finden wir einen Schulpaten, der die jährlichen Schulgebühren von umgerechnet 100 Euro übernimmt. Kinderreichen Familien erlassen wir die Schulgebühren für das jüngste Kind. Wer Interesse an einer Schulpatenschaft hat, kann sich gerne an mich unter info@hockeyvillageindia.com wenden. Zudem sind wir die einzige Schule in Indien, die schon in der ersten Klasse mit Hockey beginnt. Wir hoffen, dass uns das eine rosige Hockeyzukunft beschert.
Lieben Gruss und Chakde Hockey Village India
Eure Andrea Thumshirn