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Dienstag, 16. August 2011

Garh Himmat Singh: Hockey statt Feldarbeit und Kinder hüten…

Die ersten Tage mit unserem jungen Gast Nitin Kumar, U21-Nationalspieler aus Indien, liegen hinter uns. Während des Sommercamps in der letzten Woche konnten ihn Kinder, Eltern und Trainer bereits kennenlernen. Am Training der 1.Herren nimmt er regelmäßig teil und macht sich dort wohl sehr gut. Seit gestern bereichert Nitin als Gasttrainer die Übungseinheiten unserer Kinder. Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, im Folgenden einen Bericht von Andrea Thumshirn zu veröffentlichen, auf deren Vermittlung hin Nitin den Weg zu uns gefunden hat. Andrea befindet sich derzeit in "ihrem" Hockeydorf in Indien und gibt uns einen Einblick in das Leben dort. Auch die wundervollen Fotos stammen von Andrea.


Garh Himmat Singh: Hockey statt Feldarbeit und Kinder hüten…



Seit einem guten Jahr spielen jetzt die Kinder im indischen Dorf Garh Himmat Singh Hockey. Vorher wusste keiner, was das ist, obwohl es in Indien immer noch Nationalsport ist. Kricket kennt hier jeder – auf allen Fernsehkanälen laufen kitschige Bollywood Filme oder Kricket. Mehr Glücksspiel als Sport – ein nationaler Zeitvertreib. Während die Kricketspieler Millionen  verdienen, kämpfen die indischen Nationalspieler um die letzten paar Monatsgehälter, die gerade mal so zum Leben reichen. Die Korruption hat der Glanzzeit der Inder im Hockey ein jähes Ende bereitet und man erzählt sich heute noch vom Ruhm längst vergangener Tage, als Indien unbesiegt war. Ein Aufbäumen einiger Hockeyfans im Lande lässt den Sport nicht ganz in Vergessenheit geraten, so auch wir mit unserem Hockeydorf. 



Garh Himmat Singh liegt im Osten Rajasthans – ein ehemaliges Maharadscha Reich – auch hier erahnt man nur noch den Reichtum vergangener Tage anhand der existenten Ruinen. Aber wo noch eine Glut glimmt, kann ein neues Feuer entfacht werden und so haben wir vor einem Jahr 100 Hockeyschläger in diesem Dorf verteilt und nun spielen die Kinder Hockey – und zwar mit großer Begeisterung, wenn auch manchmal etwas zu emotional. 


Die Wildfänge hier im Dorf sprühen geradezu vor Kraft, Energie und Kampfeswillen – ein Traum für jeden Trainer! Auch wenn es mit der Kommunikation manchmal noch etwas schwer ist, Sportler unter sich verstehen sich schon irgendwie.

Vor dem ruinösen Fort thront der Hockeyplatz – nur ein halbes Feld, wenn überhaupt, aus Staub und Erde, aber gut genug für die allabendliche Schlacht im Wechsel Jungs und Mädels. Selbst wenn die Mädels wie jede Woche montags, mittwochs und Samstag trainieren, kommen jedes Mal die Jungs vorbei – es könnte ja doch noch ein Schläger abfallen – und umgekehrt ist es genauso.


Die gesammelten Sportschuhe aus Deutschland sind eine wahre Erleichterung für die Kinder, haben doch die meisten vorher barfuß gespielt. Gerade jetzt zur Regenzeit ragen immer mehr Steine aus dem Boden – ein schmerzhaftes Hindernis für Spieler und Schläger… Auch die Pfützen auf dem Platz werden immer tiefer und sind mit Sand kaum noch trocken zu kriegen. Die Kühe mögen unseren Hockeyplatz mindestens genauso gerne wie wir und lassen sich von dem Stacheldrahtzaun rings herum nicht davon abhalten, auf dem Spielfeld Platz zu nehmen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und muss von den Kindern jeden Tag vor dem Training vom Platz geschippt werden… Das Aufwärmprogramm nennt sich KKK – Kampf der Kuh und deren Kacke… Hurrahhhh – die Kinder nehmen es mit Humor… Für die Jungs haben wir auch schon das passende Outfit, während die Mädels nun seit einem Jahr auf ihre Röcke warten- leider ist der Dorfschneider mit dem Anfertigen von Schuluniformen beschäftigt, so dass ich mir kurzerhand eine mechanische Nähmaschine mit dem wohlklingenden Namen Pooja gekauft habe und nun Röcke nähe. 


Nachmittags bekommen die Kinder Englischunterricht, aufgeteilt in 2 Leistungsgruppen. Während die erste Gruppe jeden Tag das Gleiche lernt und wieder vergisst, ist die 2. Gruppe schon sehr fortschrittlich und lernbegierig! 


Danach geht es auf den Hockeyplatz! Am 18. August haben die U14 Jungs ihr erstes Spiel gegen die Kinder von der DPS Schule in Jaipur – ein großer Tag steht uns bevor! Davor müssen wir noch fleißig trainieren! 


Der ehemalige indische Nationaltorhüter Baljit Singh kommt demnächst ins Dorf und bringt uns eine Torhüterausrüstung und trainiert unseren Torwart und danach kommt der ehemalige indische Nationaltrainer Harendra Singh – es kann aslo fast nichts mehr schief gehen. Leider finden wir für unsere Mädels noch keinen adäquaten Gegner – Mädchenhockey ist hier nicht so angesagt… meist fangen die Mädels später erst an und hören dafür früher wieder auf…

Wir sind auf jeden Fall sehr stolz auf das, was wir schon erreicht und geleistet haben – das Wichtigste für die Kinder ist im Moment allerdings ein neuer und größerer Platz! Das Gelände hier reicht fast für ein ganzes Feld und dann freuen wir uns natürlich sehr, wenn ihr uns auch mal besucht und gegen die Jungs und Mädels spielt. Für jegliche Unterstützung sind wir alle sehr dankbar!

Lieben Gruß
Eure Andrea Thumshirn
Hockey Village India Foundation e.V.
facebook: Bua Sa Hockey Village Indien